Was sind frühkindliche Reflexe?
Schon im Mutterleib entwickeln sich beim Ungeborenen frühkindliche Reflexe. Sie unterstützen die Geburt. Nach der Geburt sichern sie dem Säugling das Überleben, trainieren die Muskulatur und den Gleichgewichtssinn und helfen, mit der Umwelt in Kontakt zu treten.
Diese Reflexe sind von der Natur angelegt und helfen, den komplexen Anforderungen des Lebens gerecht zu werden. Sie werden vom Stammhirn ausgelöst und sind nicht willentlich kontrollierbar.
Die frühkindlichen Reflexe treten in einem von der Evolution festgelegten Zeitfenster der Entwicklung des Babys auf. In dieser Zeit entwickelt sich die neuronale Reifung des Gehirns, so dass der Reflex in das Ganzkörpersystem integriert werden kann und somit in höhere, gesteuerte und kontrollierte Bewegungssysteme umgewandelt wird.
Nach den ersten Lebensjahren haben die frühkindlichen Reflexe ihre Aufgabe erfüllt. Das Gehirn hat die Reife erlangt, sie durch willentlich steuerbare Haltungsreflexe, die uns den aufrechten Gang ermöglichen und Handlungsreflexe, die uns eine angemessene Anpassung an die jeweiligen Situationen im Leben sichern, zu ersetzen.
Was passiert, wenn frühkindliche Reflexe aktiv bleiben?
Bleiben in der Entwicklung durch Störungen Restreaktionen der frühkindlichen Reflexe bestehen, verschwinden diese nicht von alleine, sondern bleiben für den Rest des Lebens aktiv. Solche Störungen können verursacht werden durch psychische oder physische Probleme in der Schwangerschaft oder Komplikationen während der Geburt (z.B. Kaiserschnitt, PDA, Saugglocke, Nabelschnurumschlingungen um den Hals, wehenhemmende/ wehenfördernde Maßnahmen) aber z.B. auch durch Eingriffe in die natürliche Bewegungsentwicklung des Babys nach der Geburt (zu wenig Bewegungsmöglichkeit, Kind wird nicht auf den Bauch gelegt, zu früh hingesetzt, zu früh im Gehwagen zum Laufen gebracht etc.).
In der Folge kann es zu Schwierigkeiten bzw. Auffälligkeiten in der Entwicklung des Kindes kommen, weil das Gehirn sich an dieser Stelle neuronal nicht ausreichend entwickeln konnte. Das Gehirn stellt durch die Verbindung von Nervenzellen neuronalen Wachstum her, während das Baby bestimmte Bewegungsmuster ausführt. Tut das Baby dies nicht oder nicht ausreichend, können diese Verknüpfungen nicht vollständig oder gar nicht hergestellt werden.
Beispiele für Auffälligkeiten bei aktiven frühkindlichen Reflexen:
Motorische Auffälligkeiten, LRS, ADHS, ADS, schlechter Gang, schlechte Sitzhaltung, Gleichgewichtsprobleme, Probleme z.B. beim Ballspielen oder Schwimmen lernen, Schulängste, Trennungsängste, Veränderungen fallen schwer und verunsichern, Hypersensibilität, Empfindlichkeit auf Licht und Geräusche, das Kind braucht Routine, fühlt sich unwohl in Menschenmengen, neigt zu Aggressionen oder extremen Rückzug, Konfliktvermeidung, Meidung neuer Herausforderungen, mangelndes Selbstwertgefühl, Probleme beim Lesen und Schreiben, Buchstaben werden verdreht, Abschreiben von der Tafel fällt schwer, schlechtes Schriftbild, Zeilen können nicht eingehalten werden, verkrampfte Stifthaltung, körperliche Unruhe, Stillsitzen fällt schwer, Konzentrationschwierigkeiten, leichte Ablenkbarkeit, eingeschränkte Organisationsfähigkeit, schlechtes Zeitgefühl, Reiseübelkeit, Bettnässen über das fünfte Lebensjahr hinaus u.a.
Diese Auflistung hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es handelt sich um Beispiele.
Das Fehlen der neuronalen Reifung und damit das aktive Bestehen der frühkindlichen Reflexe hat nichts mit Intelligenz zu tun.
Die Entwicklung des Kindes geht zwar weiter, aber die Auffälligkeiten bleiben bestehen. Die aktiven Reflexe im Stammhirn können immer wieder durch sensorische oder emotionale Stimuli unwillentlich ausgelöst werden und Motorik und Verhalten stören. Dies geschieht völlig unbewusst und ist weder steuerbar noch kontrollierbar. Der Betroffene merkt es nicht. Aber mit der Zeit eignet er sich ebenfalls unbewusst Kompensationsstrategien an, um diese Störungen auszugleichen. Dies bindet sehr viel Energie, die dann für andere Bereiche nicht mehr zur Verfügung steht. Es kann zu Lernschwierigkeiten, Müdigkeit, Aggression, Rückzug, und dem Gefühl von Überforderung kommen, weil das System permanent mit dem Ausgleich der unbewussten Aktivität der Reflexe beschäftigt ist.
Hilfe durch nachträgliche Integration der Reflexe
Glücklicherweise können zu jeder Zeit des Lebens die noch restaktiven frühkindlichen Reflexe nachträglich entstresst und integriert werden.
Um diese Integration einzuleiten prüfe ich zunächst, ob und welche frühkindlichen Reflexe beim Kind noch restaktiv sind.
Sollten Reflexe restaktiv sein, werden sie Schritt für Schritt im gesamten System des Kindes entstresst und können nun nachreifen und sich integrieren.
Reflexe nachträglich zu integrieren lohnt sich. Die Symptome gehen zurück und das Kind macht Erfahrungen in Bereichen seines Lebens und Alltags, die es vorher nicht kannte.
Das Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl steigen, weil das Kind erkennt, dass es alle Dinge genauso gut kann wie andere Kinder. Es hat alle Fähigkeiten an Board, konnte nur bisher nicht darauf zugreifen.